Head of the River Race 2008

auf der Themse in London
Samstag, 15. März 2008

104. Platz für den Berliner Ruder-Club
219. Platz für den Der Hamburger und Germania Ruder Club

Bericht von Nils Fischer und Nicolas Michael

Berliner Ruder-Club

Das Head of the River Race ist das größte durchgängige Ruderrennen der Welt: Insgesamt 420 Achtermannschaften aus England und "Overseas" starten nacheinander im Abstand von 10 Sekunden. Das Rennen findet seit 1926 jährlich auf dem sogenannten Championship Course statt, einem 4 1/4 Meilen (6800 Meter) langen Abschnitt der Themse im Westen Londons, der auch die Regattastrecke für das Boat Race zwischen den Universitäten Oxford und Cambridge bildet. Im Gegensatz zum Boat Race, welches bei einsetzender Flut von Ost nach West gerudert wird, findet das Head of the River Race bei ablaufendem Wasser in umgekehrter Richtung statt: Start ist in Mortlake an der Chiswick Bridge, von der aus die Themse in einem großen Bogen durch Barnes Bridge und Hammersmith Bridge nach Putney fließt, mit Ziel knapp oberhalb von Putney Bridge. Der Gewinner des Rennens trägt den Titel Head of the River und startet im folgenden Jahr mit Startnummer 1 als erste Mannschaft. Auch alle anderen Mannschaften sichern sich mit dem Zieleinlauf automatisch einen Startplatz für das nächste Jahr an der entsprechenden Position. Ein gutes Ergebnis im Vorjahr erhöht damit die Chancen für das folgende Jahr, da die Strömung durch das ablaufende Wasser beim Start des Rennens am stärksten ist und sich im Laufe des Rennens leicht abschwächt, so daß das erste Boot davon am meisten profitiert. Startplätze, die von Mannschaften aus dem Vorjahr nicht wahrgenommen werden, werden an neu hinzugekommene Mannschaften verlost.

Die Guten waren 2008 erstmals durch Nils und Nicolas beim Head of the River Race vertreten. Nils startete für den Der Hamburger und Germania Ruder Club mit Startnummer 201, Nicolas für den Berliner Ruder-Club mit Startnummer 238. Unsere beiden Mannschaften waren im Vorjahr nicht beim Rennen dabei gewesen und hatten ihre Startplätze über das Losverfahren erhalten.

Nicolas: In der Altersklasse der 20- bis 35jährigen gibt es im Berliner Ruder-Club neben den Guten noch verschiedene weitere Ruderer, die in unterschiedlicher Zusammensetzung rudern. Mit dem Ziel, gemeinsam einen Achter auf die Beine zu stellen, haben wir uns im Dezember 2007 zu einer größeren Gruppe zusammengeschlossen, in der Die Guten zur Zeit durch Leif und mich vertreten sind. Bei meistens windigem Wetter haben wir seitdem zweimal pro Woche gemeinsam auf dem Wasser trainiert, wenn nicht gerade Eis war. Darüber hinaus hat sich jeder im Kleinboot, auf dem Ergo und im Kraftraum fit durch den Winter gebracht. Am Sonntag vor dem Rennen mußten wir dann vom Club unseren Achter durch den Teltowkanal zu Wiking rudern, da die Wikinger das Boot auf ihrem Hänger mitnehmen wollten, aber keine Lust oder Zeit hatten, es bei uns abzuholen. Bei Sonnenschein und Wind wurden die 29 Kilometer trotz Ruderzeit unter zwei Stunden mit einer 10minütigen Belastung zwischendurch zu einer ziemlich anstrengenden Trainingseinheit -- der letzten vor London.

Berliner Ruder-Club

Nils: Nachdem ich im September nach Hamburg gezogen bin, habe ich mir recht schnell einen Ruderclub gesucht. Meine Wahl fiel auf den Der Hamburger und Germania Ruder Club (DHuGRC), den ich bis dahin nur als Veranstalter des Hamburger Staffelruderns kennengelernt hatte. Ich wurde sehr freundlich aufgenommen und auch gerne als Ersatzmann für verschiedene Boote eingesetzt und kam schnell zu meinem ersten Einsatz für den DHuGRC bei der BRC-Regatta Rund um Wannsee. Teile dieser Mannschaft hatten sich vorgenommen, beim diesjährigen Tideway zu starten. Nachdem ich einige Male als Ersatzmann eingesprungen war, fragte mich Ronald, der Kapitän des DHuGRC, ob ich nicht mit nach London fahren wollte, da einer der ursprünglich vorgesehenen Ruderer aus beruflichen Gründen doch nicht mitfahren konnte. 2004 hatte ich leider nur fast am Tideway teilgenommen -- es wurde aufgrund schlechten Wetters abgesagt. Diese Regatta machte, auch wenn sie gar nicht so richtig stattgefunden hatte, einen sehr imposanten Eindruck auf mich, und ich wollte schon gerne nochmal richtig teilnehmen. Also sagte ich gerne zu. Auch das frühe Aufstehen für die Trainingseinheiten (Freitag 6:15 und Sonntag 8 Uhr) nahm ich in Kauf. Den Winter über wurde trainiert, wobei ich neben den eigentlichen Rudereinheiten noch ein bis zwei mal die Woche aufs Ergo gestiegen bin, und mit der Zeit lief es auch immer besser. Nach einer letzten Einheit in unserem Boot Der Club riggerten wir ab und verluden es auf den Hänger.

Der Hamburger und Germania Ruder Club

Nicolas: Unsere Mannschaft war mit verschiedenen Flügen nach London angereist. Freitag Nachmittag trafen wir uns beim Sons of the Thames Rowing Club, um das Boot aufzuriggern und über eine kurze Trainingseinheit zum Start zu rudern, wo unser Sattelplatz lag. Da Francesco krank war und leichtes Fieber hatte, fiel die Trainingseinheit eher kurz aus, da er sich für morgen schonen mußte. Bei wenig Wind und ruhigem Wasser ruderten wir heute das erste Mal in Rennbesetzung -- und es lief gut! Von unserem Sattelplatz beim Quintin Boat Club gingen wir den ganzen weiten Weg nach Putney zu Fuß zurück und kehrten, die gute englische Küche verschmähend, wenig später bei einem relativ preiswerten Italiener für einen Teller Nudel ein. Der Großteil unserer Mannschaft war im Bootshaus des Imperial College direkt in Putney untergebracht und lag gegen zehn Uhr abends müde im Schlafsack.

Berliner Ruder-Club

Nils: Wir trafen uns am Freitag morgen um 6:15 Uhr am Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel und flogen geschlossen nach London. Dort angekommen machten wir uns mit einer Gruppenkarte für die Londoner U-Bahn auf den Weg nach Putney, dem Ziel der Regatta, wo wir in einem Hotel übernachten wollten. Da die Zimmer noch nicht alle fertig waren, zogen wir uns zu neunt in einem Zimmer um und gingen zur Regattastrecke. Der Hänger mit unserem Boot war schnell gefunden, und auch das Aufriggern verlief zügig, so daß wir gegen 14 Uhr aufs Wasser konnten. Wir ruderten die Strecke bis zum Start, da wir beim Quintin Boot Club unsere Startnummer abholen mußten. Dies klappte auch, nachdem wir eine kleine Weile auf den Mann mit den Nummern gewartet hatten, und so machten wir uns vollständig für das Rennen ausgerüstet auf den Weg zurück zum Ziel der morgigen Strecke. Stromabwärts ging es, nicht besonders verwunderlich, auch deutlich schneller als stromauf. Wir machten das Boot fest, ich traf noch drei meiner Mitstreiter von der schottischen Uni, mit denen ich 2004 aufgrund widriger Wetterverhältnisse ein unfreiwilliges Bad in der Themse genommen hatte. Nach einem kurzen Plausch ging es auch schon wieder zurück zum Hotel. Dort ruhten wir uns eine Weile aus und gingen abends noch ein paar Nudeln bei einem Italiener in der Nähe des Hotels essen und danach bald ins Bett.

London meinte es gut mit uns: Samstag früh war bestes Ruderwetter -- wenig Wind und milde Temperaturen. Die ganzen Sturmtiefs, die in den vergangenen Wochen über England und auch Deutschland gehangen hatten, waren fort. Etwa anderthalb Stunden vor dem Rennen gingen 420 Achtermannschaften, verteilt auf viele Ruderclubs entlang der Themse, aufs Wasser und ordneten sich in ihre Divisionen an den zugewiesenen Plätzen ein. Die Marshalls koordinierten das Ganze von Motorbooten aus und stellten sicher, daß jeder in seiner Division an der richtigen Warteposition lag. Nach und nach rückten die Divisionen an beiden Themseufern bis oberhalb des Starts auf, wobei die Flußmitte für Boote, die bereits starteten, frei blieb. Oberhalb des Starts wurden die Boote über Mikrofon einzeln angewiesen zu wenden und in der richtigen Reihenfolge zum Start zu rudern. Das ganze verlief perfekt koordiniert und ohne jegliches Chaos -- eine beeindruckende Organisation! Auf dem Weg zum Start nahmen die Boote kurz vor Chiswick Bridge Druck auf und passierten die Zeitnahme knapp unterhalb der Brücke bereits im Renntempo.

Der Hamburger und Germania Ruder Club

Nils: Nachdem unsere Divison gestartet worden war, stiegen die Anspannung und die Konzentration im Boot merklich. Peter, unser Steuermann, übernahm nun das alleinige Kommando und brachte uns auf Kurs zum Start. Kurz vor der Chiswick Bridge erhöhten wir unseren Schlag auf Rennfrequenz von 31. Diese hielten wir über die gesamte Strecke. Bereits relativ schnell nach dem Start kam die Mannschaft, die hinter uns gestartet war, auf und machte sich daran, uns zu überholen. Peter steuerte uns allerdings so geschickt in der Stömung, daß wir unseren Vorsprung zunächst halten konnten, uns aber irgendwann doch geschlagen geben mußten. Die Strecke zog sich für mein Empfinden ganz schön lange hin, und sehnsüchtig erwartete ich die Hammersmith Bridge. Nur leider tat sie mir nicht den Gefallen aufzutauchen. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam sie dann doch, und ich wußte, daß die Hälfte der Strecke nun absolviert war. Das Boot lief erstaunlich gut, aber es war äußerst anstrengend. Eigentlich hatten wir beim Training am Vortag besprochen, daß wir ab dem Stadion vom Fulham FC unseren Endspurt ansetzen wollten, aber daraus wurde (zum Glück) nichts. Christoph hielt den Streckenschlag bei. Endlich im Ziel machte sich große Erleichterung breit. Glücklich aber sehr erschöpft ging es ans Ufer und zum Abriggern des Bootes. Ronald machte sich auf den Weg zum Thames RC, um unsere Zeit in Erfahrung zu bringen. 20:01 Minuten. Das entsprach unseren Erwartungen, allerdings hätten es auch gerne zwei Sekunden weniger seien dürfen. Mit dem daraus resultierenden 219 Platz waren wir zwar nicht so richtig glücklich, gern hätten wir uns um ein paar Plätze verbessert, aber mit unserer Leistung waren wir sehr zufrieden. Dies bestätigte auch die fröhliche Runde, die sich nachdem das Boot verladen war, im Thames RC zu "einem" Bierchen traf. Eine Weile später machten wir uns ziemlich beschwingt auf zum Hotel, um uns vor unserem abendlichen Ausgehen noch ein bißchen auszuruhen. Leider wurden wir nicht mehr so richtig wach und genossen den Abend bei einem Hamburger bzw. einem Steak in einem Pub und bei der Party im London RC nur recht kurz.

Berliner Ruder-Club

Nicolas: Kurz nach Nils Hamburger Mannschaft waren auch wir auf der Strecke. Leider war in der Zeit vor dem Start der Akku unserer Cox Box schwach geworden und pünktlich zum Start dann erschöpft, so daß Ben im Bug die Ansagen übernehmen mußte. Die ersten Kilometer liefen sehr gut, und wir konnten gleich nach dem Start einige der vor uns gestarteten Boote überholen -- auf sicherem Kurs zwischen zwei Booten hindurch. Die lange Kurve bis zur Hammersmith Bridge, auf der einige Club-Kameraden mit großer Club-Flagge standen um uns anzufeuern, zog sich ewig hin. Auf dem letzten Drittel hinter der Brücke wurde es dann hart. Angetrieben von der hinter uns gestarteten Mannschaft 240, die etwa gleich schnell und uns dicht auf den Fersen war, überholten wir noch ein weiteres Boot. Hinter dem Fußballstadion erreichten wir bald die Zielgerade mit den vielen Bootshäusern, von wo laut Menschengeschrei zu uns herüberdrang. Der Endspurt wollte trotz seines Namens kein Ende nehmen -- ohne Cox Box konnte uns Nicola als Steuerfrau nicht sagen, wie weit es noch war -- und keiner der acht Ruderer wußte, wie lange er noch durchhalten mußte. Endlich, erst ganz knapp vor der Brücke, kam das Ziel, das wir in 19:19,8 Minuten unter "Cluuuub"-Rufen der vor uns gestarteten Wikinger (!) erreichten (nanu, die Wikinger rufen "Cluuub"??). Wir hatten uns damit um 134 Positionen verbessert und Platz 104 erreicht, womit wir unser Ziel, unter die ersten 150 Mannschaften zu kommen, gut erfüllt haben. Im nächsten Jahr haben wir mit dieser Startposition, hoffentlich funktionierender Cox Box und acht gesunden Ruderern mit mehr gemeinsamem Training sicherlich gute Chancen, noch weiter nach vorne zu kommen. Die Abstände sind so eng, daß wenige Sekunden bereits 10 Plätze ausmachen. Nach dem Rennen ruderten wir unser Boot wieder hoch zum Sattelplatz und stießen mit einem Bier in Quintin Boat Club auf unseren Erfolg an. Danach machten wir uns auf den langen Fußweg zurück nach Putney mit Zwischenstop in einem Cafe in Barnes, wo wir uns mit unserem Zuckerhaushalt durch ein Stück Schokotorte wieder versöhnten.

Hammersmith Bridge

Am Abend veranstaltete der London Rowing Club eine große Ruderer-Party, zu der wir uns alle einfanden. Dabei mußten wir feststellen, daß die Engländer doch schon ein merkwürdiges Volk sind: Sie waren nicht nur äußerst sonderbar gekleidet (oder verkleidet), sondern auch wahnsinnig laut und schon nach kürzester Zeit total blau. Es war gerade erst 22 Uhr. Wir hatten zwar auch schon einiges an Bier getrunken, was jedoch bislang nur Auswirkungen auf die Blase, nicht jedoch den Kopf hatte. Gegen 23 Uhr verließen wir die Party, die ohnehin schon etwas leerer geworden war, und gingen schlafen. Es regnete in Strömen.

Nicolas und Nils vor dem Big Ben

Auch am nächsten Morgen regnete es nicht nur, es stürmte auch. Wir hatten ein wahnsinniges Glück gehabt, daß Freitag und Samstag so gutes Wetter gewesen war! Uns kümmerte das schlechte Wetter am Sonntag weniger, aber eine zweite Mannschaft des Berliner Ruder-Clubs, die heute den Veteran's Head rudern wollte, hatte Pech -- das Rennen wurde wegen der schlechten Bedingungen abgesagt. Im Laufe des Vormittags spalteten sich die Hamburger und Berliner Gruppen in kleinere Grüppchen auf, von denen ein Grüppchen Die Guten Nils und Nicolas waren, die gemeinsam durch London zogen. So richtig machte es bei dem Wetter zwar keinen Spaß, durch London zu laufen, aber da wir schonmal hier waren, liefen wir von Victoria Station am Buckingham Palace entlang zum Houses of Parliament mit dem Big Ben und fuhren von dort mit der U-Bahn zum Tower Bridge. Dort hatten wir vom Wetter endgültig genug und setzten uns in der Nähe des Piccadilly Circus in ein Cafe. Anschließend war es langsam Zeit, die Fahrt zum Flughafen anzutreten. Zurück in Deutschland wartete eisige Kälte auf uns mit Schnee und Graupelschauern die ganzen nächsten Tage.

Nils und Nicolas vor der Tower Bridge


BootDistanzMannschaftBootePlatzierungZeit
201 (Hamburger und Germania RC)6800mJosia, Jan, Christoph, Sören, Nils, Christian, Ronald, Christoph und Peter (St.)420219.20:01,6 min
238 (Berliner RC)6800mBen, Francesco, Ingo, Nicolas, Johan, Holger, Sebastian, Dominik und Nicola (St.)420104.19:19,8 min

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